Nachlese zur Veranstaltung am 11. November 2024

Die Veranstaltung der Plattform „Grüne Chemie – Zukunft:Chemie“ fand am 13. November 2024 von 10:30 – 16:30 Uhr im Bundesministerium für Klimaschutz, Festsaal, Radetzkystraße 2, 1030 Wien statt.

Die dritte Veranstaltung im neuen Format Plattform Grüne Chemie – Zukunft:Chemie bot – wie gewohnt - Informationen zu Entwicklungen aus den Bereichen Regulatorik, Wirtschaft, Forschung und Bildung. Diesmal wurden zwei aktuelle Schwerpunktthemen gewählt: Safe and Sustainable by Design (SSbD) und Defossilisierung der chemischen Industrie. Für Teilnehmer:innen bestand wieder die Möglichkeit, ihre eigenen Projekte in kurzen Pitchvorträgen zu präsentieren. Dem Schwerpunktthema Defossilisierung der chemischen Industrie war eine Podiumsdiskussion gewidmet.

Fragen zur Veranstaltung richten Sie bitte an das Grüne Chemie Team.
Präsentationen können auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden.

Nachlese

Die Veranstaltung wurde von Sabine Cladrowa (Umweltbundesamt) und Thomas Jakl (BMK) eröffnet. Thomas Jakl dankte Herrn Prof. Keppler aus Anlass seiner bevorstehender Emeritierung für seine große Unterstützung im Bereich der Grünen Chemie.
Im Zusammenhang mit dem bereits etablierten Masterstudiengang Grüne Chemie an den drei Universitäten Uni Wien, TU Wien und BOKU gelang es nun auch ein Doktorratsstudium zur Grünen Chemie zu starten.
Es besteht Nachholbedarf bei der Finanzierung von Start-up Unternehmen zur Grünen Chemie vor allem nach der Gründungsphase (ab ca. 3. Jahr). Aus diesem Grund wird im Q1 2025 ein Webinar zum Thema Green Chemistry Accelerator stattfinden, um zu klären, wie bei der Bereitstellung notwendiger Finanzierung unterstützt werden kann.

Im Zuge der Pitchvorträge konnten Teilnehmer ihre Projekte, Arbeiten und Ideen vorstellen und im Anschluss daran diskutieren. Das waren die Themen der Pitchvorträge:

  1. Anton Bauer (acib – Austrian Centre of Industrial Biotechnology) stellte die Veranstaltung Enhanced Sustainability in Pharmaam 13.1.2025 mit den Schwerpunkten Best Practice Beispiele aus der Pharmaindustrie, Innovative Lösungen (acib und Akademia), Sustainable Pharma – chances and challenges (Podiumsdiskussion) vor.
  2. Erik van Herwijnen (Kompetenzzentrum Holz GmbH; Wood-Kplus) gab Beispiele der Verwendung von Holz als Ressource für die Herstellung von Spanplatten und Holzschaum, sowie der Gewinnung von Lignin, Proteinen, Fruktose und Hydroxymethylfurfural (HMF). Durch eine Kombination aus Grüner Chemie und Verfahrenstechnik kann mit dem Rohstoff Holz eine breite Produktpalette hergestellt werden. 
  3. Elisabeth Schwarz-Funder (JOANNEUM RESEARCH, LIFE – Institut für Klima, Energiesysteme und Gesellschaft) gab Einblick in LCA – Life Cycle Assessment. Sie arbeitet dazu im Bereich klimaneutrale Energiesysteme und Lebensstile, in enger Zusammenarbeit mit Herstellern von Materialien, wie etwa Leiterplatten aus Papier. Im Fokus steht die Sicherheit und Nachhaltigkeit von der Herstellung bis zum End of Life des Produkts. 

    In der Diskussion wurde vor allem auf die Herausforderung der Datenbeschaffung und des Datenmanagements hingewiesen. Für selbsthergestellte Materialien seien die Daten zwar vorhanden, für extern hergestellte häufig nicht. Die Vereinheitlichung der Struktur für Datenbanken und die Datenverarbeitung sei ein wesentliches Thema, um sich auf Daten verlassen zu können und Wissen zu teilen. 

  4. Christine Bertl (alchemia-nova research & innovation gemeinnützige GmbH) stellte das EU-Projekt SYMBIO vor, ein Netzwerk zur Herstellung von Grünen Chemikalien aus sekundärer Biomasse: In sechs EU Ländern sollen industrielle Kooperationen zur Schaffung sekundärer Biomasse gebildet werden. Es stellt sich die Frage, ob es Industriebetriebe gibt, die von primären Rohstoffen auf sekundäre Biomasse umrüsten könnten und welche Zukunftsmodelle es gibt.

    In der Diskussion wurde darauf hingewiesen, dass zehn Case Studies ausgearbeitet wurden. Es wird nun ein Best-Practice Projekt ausgewählt. Ein mögliches Projekt wäre etwa die Herstellung von Klebstoffen aus Gerstenabfälle der Biererzeugung oder die Herstellung abbaubarer Verpackungen aus diesen Abfällen. Für Frühjahr 2025 ist ein Workshop geplant.

  5. Marko Mihovilovic (Dekan der Fakultät der Technischen Chemie, TU Wien) berichtete über die Gründung des Cluster of Excellence in Circular Bioengineering, in dem die BOKU, die TU Wien, die Uni Wien, die TU Graz und die Uni Graz vertreten sind. Die Förderung bzw. Finanzierung erfolgt durch den FWF. Hauptziel dieses Clusters ist die Grundlagen-forschung im Hinblick auf die Nutzung sekundärer Rohstoffe.

    Marko Mihovilovic wies auch darauf hin, dass Kommunikation ein wichtiges Thema sei. Wie könnten motivierte Nachwuchskräfte angesprochen werden? Auch das Image der Chemie sollte verbessert werden. Grüne Chemie kann einen Beitrag zu Klimaschutz, Schadstoffreduktion und auch zum Biodiversitätserhalt leisten.

  6. Ralf Becker (Verbandes der Chemielehrer:innen Österreichs) berichtete in seinem Pitchvortrag, dass bereits 17 Projektwettbewerbe zur Grünen Chemie stattgefunden haben. Für den nächsten, 18. Projektwettbewerb haben sich bereits 200 Schulen angemeldet. Teilnehmende Schulen erhalten eine Projekthilfe von 1.000 Euro. Informationen zu den Wettbewerben werden etwa über die Zeitschrift des Verbandes der Chemielehrer/innen Österreichs zur Verfügung gestellt. 
  7. Barbara Wetzer informierte über ein Online-Webinar zum Thema Green Chemistry Accelerator: Unterstützung von Grünen Start-Ups, dass im ersten Quartal 2025 ein geplant ist. Für Start-ups, die über die Gründungsphase hinaus weiterhin auf Investoren angewiesen sind, ist es in Europa oft schwierig, diese zu finden. Im Online-Webinar, das vom BMK gemeinsam mit dem Umweltbundesamt durchgeführt wird, werden auch folgende Fragen diskutiert: Welche Erfahrungen von Start-Ups zu diesem Thema gibt es, und wie kann ihre finanzielle Unterstützung in Europa verbessert werden? Wie kann der brain drain in die USA verhindert werden? In der Diskussion wurde zusätzlich festgestellt, dass Schulungen zu geistigem Eigentum wichtig wären, dass es ein Ziel wäre, Grüne Chemie-Projekte besser sichtbar zu machen, dass durch Partnerschaften zwischen Unternehmen (chemischen Betrieben) und Start-Ups diese unterstützen würden und dass eventuell auch Crowdfunding eine Möglichkeit wäre.

    Außerdem wurde auf das Problem hingewiesen, dass Start-ups in Europa viel mehr Zeit benötigten Investoren zu finden und operativ zu werden, als etwa in den USA. Dies ist oft ein Nachteil für Start-Ups, weil Ihre innovativen Lösungen womöglich schon von anderen aufgegriffen wurden oder Problemstellungen nicht mehr aktuell sind.

Im vernetzenden Austauschformat Fast Networking wurden Fragen zum Thema SSbD diskutiert. Hier die wichtigsten Ergebnisse:

Anmerkung: Die unten angeführten Antworten wurden von unterschiedlichen (Gruppen von) Teilnehmenden gegeben, sie können sich daher auch widersprechen.

  • Der Wissensstand über Safe and Sustainable by Design war sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während bei einigen Teilnehmenden noch eher wenig Wissen vorhanden war, wurde von jenen mit ausgeprägterem Wissen bereits auf den großen Aufwand, die Relevanz von Wertschöpfungsketten, die Notwendigkeit von Datenbanken und die Betrachtung von sozialen Aspekten bei der Umsetzung des SSbD-Konzepts hingewiesen.
  • Zur Frage der Stellenwerte von Sicherheit und Nachhaltigkeit und einer möglichen rechtlichen Regulierung dieser Bereiche waren die Teilnehmenden mehrheitlich der Meinung, dass beide einen wichtigen Stellenwert haben, aber dass Sicherheit regulatorisch geregelt werden muss, während die Nachhaltigkeit nur unter bestimmten Bedingungen und mit klaren Kriterien und Augenmaß geregelt werden sollte.
  • Neben Sicherheit und Nachhaltigkeit seien die sozioökonomischen bzw. sozialen Aspekte ebenso relevant für die Bewertung einer Chemikalie, um sozial gerechte und sichere Arbeitsplätze zu gewährleisten. Sie dürften aber die Wirtschaftlichkeit nicht gefährden. Sozialökonomische Diskussionen sollten geführt werden, wobei man sich auf Mindestanforderungen einigen sollte.
  • Die Frage, ob es für die Bewertung der Nachhaltigkeit einer Chemikalie/eines Produktes eine unabhängige Stelle geben sollte, um etwa Green Washing entgegenzuwirken, wurde eindeutig mit „Ja“ beantwortet. Es wurde aber auch die Frage nach Unabhängigkeit, Transparenz und Finanzierung einer solchen Stelle gestellt. Es sollte Zertifikate geben, die die vielen Teilaspekte von Nachhaltigkeit aufzeigen. Informationswildwuchs und Datenüberfluss muss vermieden werden.
  • Zur Frage, ob die Sicherheit von Chemikalien/Produkten in der EU bzw. in Österreich ausreichend geregelt seien, gab es unterschiedliche Meinungen: Es gibt bekannte Regelungen, wie etwa die REACH-V, oft fehle es aber an Informationen, z.B. zur Toxizität. Eine greifende Regulierung von beispielsweise besonders besorgniserregenden Stoffen in Importprodukten fehle. Zu neuen Regelungen gebe es nicht ausreichend Information. Einerseits könnten Chemikalien in Hinblick auf die menschliche Gesundheit nicht genügend geregelt werden, andererseits sollte Überregulierung vermieden und für Industrie, Gewerbe und v.a. den Markt eine Regulierung mit Augenmaß umgesetzt werden.
  • Bei der Suche nach alternativen/nachhaltigen Chemikalien/Produkten würden die Teilnehmer Netzwerke und Internet nutzen und würden auf lokal hergestellte, kontrollierte Produkte mit geringem Carbon Footprint setzen. Es sollte Kriterien, Punkte etc. für eine Bewertung geben, eine unabhängige Bewertungsstelle sei aber nicht notwendig.
  • In der Ideensammlung zur Frage, wie sich Sicherheit und Nachhaltigkeit, insbesondere von chemischen Produkten, im primären und sekundären Bildungssektor vermitteln lassen, gab es folgende Vorschläge: Verankerung im Lehrplan, in der Lehrerfortbildung. Nachhaltigkeit sollte in allen Fachrichtungen vertreten sein (interdisziplinärer Ansatz). Kritisches Denken und Kommunikation sollten gestärkt werden. Vorbilder sowie praxisbezogene Beispiele sollten gesucht und eingesetzt werden.

In den Blitznews stellten Barbara Wetzer (Umweltbundesamt), Martin Wimmer und Samira Galler (beide BMK) den vor kurzem veröffentlichten Fortschrittsbericht zur Grünen Chemie in Österreich vor. Sie präsentierten die neue Darstellung der Grünen Chemie: Die Wirkung der Grünen Chemie auf Herstellungsprozesse und Produkte, die Grüne Chemie im Kontext der triple planetary crisis beziehungsweise der Planetaren Grenzen.

Mit Grüner Chemie innerhalb der planetaren Grenzen
Kontextualisierung der Grünen Chemie

Es wurden drei geplante Masterarbeiten vorgestellt, bei denen Recherchen zu folgenden Themen durchgeführt werden sollen:

  • Forschung (Projekte) zur Grünen Chemie in Österreich;
  • Unternehmen zur Grünen Chemie in Österreich;
  • Aktivitäten zur Grünen Chemie im Bereich der Lehre in Österreich.

In weiteren Blitznews wurde auf Veranstaltungen und Aktivitäten im Bereich SSbD und auf kommende Veranstaltungen im Bereich Grüne Chemie hingewiesen, welche auch auf dieser Website gelistet sind. Der Workshop „Beitrag der Biomasse zur Defossilisierung“, vom 13.5.2024, am Umweltbundesamt fand thematisch eine Fortsetzung in einem Schwerpunktthema der Veranstaltung, Defossilisierung der chemischen Industrie. Zusätzlich zu einem kurzen Rückblick über die Pitchvorträge der letzten Veranstaltung im Frühling wurde auf die Publikation The Chemicals Strategy for Sustainability - Just Missing Environmental Sustainability? (Galler, Wimmer) verwiesen.

In den Blitznews wurde auch auf neue Entwicklungen zum derzeit noch geltenden Verbot der geologischen Speicherung von CO2 hingewiesen: Der österreichische Bundesrat empfiehlt in seinem Bericht Carbon Capture and Storage (CCS) zu ermöglichen, allerdings nur für Emissionen aus hard-to-abate Sektoren. Der letzte Teil der Blitznews bezog sich auf relevante Förderungen, beispielsweise den Forschungsschwerpunkt Nano EHS, 2024 (zu SSbD) oder die Unternehmensförderung „Transformation der IND“ mit dem neuen Transformationszuschuss.

Fachvortrag 1: SusChem-AT – nationale Technologieplattform mit europäischer Anbindung

Bettina Mihalyi-Schneider (SusChem-AT, TU-Wien), Andreas Falk (SusChem-AT, BioNanoNet)

SusChem-AT (Sustainable Chemistry Austria) ist eine österreichische Plattform zur Entwicklung neuer technologischer und ökonomischer Prozesse, unter Berücksichtigung der sozialen Aspekte. Das Ziel ist ein technologiebasierter Systemwandel zu nachhaltiger Prozessindustrie und zu nachhaltiger Produktion. Als Teil der europäischen Plattform SusChem hat SusChem-AT die Möglichkeit, im Rahmen (inter)nationaler Projekte Innovationsstrategien in der chemischen Industrie zu unterstützen und zu vernetzten.

An diesen Prozessen sind Grundlagenforschung, anwendungsorientierte Forschung, Dienstleister im F&E Bereich, technologie- und innovationsgetriebene KMUs, forschende Industriebetriebe und öffentliche Einrichtungen beteiligt.

Fachvortrag 2: SSbD – Beispiele von Beiträgen zur Entwicklung sowie zur Umsetzung

Clemens Wolf (SusChem-AT)

In seinem Vortrag beleuchtete Clemens Wolf das Konzept zu SSbD und zeigte in konkreten Ansätzen aus nationalen und internationalen Forschungsprojekten, wie dieses Prinzip in verschiedenen Phasen der Entwicklung von Chemikalien und Materialien angewendet werden kann. Dabei wurde verdeutlicht, wie durch die Integration von Umwelt- und Sicherheitsaspekten von der frühen Entwicklungsphase bis zur Marktreife sowohl Innovation als auch Nachhaltigkeit gefördert werden können. Ziel der Präsentation war es zu zeigen, wie SSbD als grundlegendes Konzept zur Schaffung sicherer und nachhaltiger Lösungen für die Zukunft beitragen und als Innovationsmotor dienen kann. Als ein Beispiel von vielen, führen wir hier das Projekt SABATLE an: Safe-and-Sustainable-by-Design of redox active molecules for planned energy storage applications, via wood-lignin-vanillin-chinone.

In der Diskussion wurde die Frage gestellt, ob SSbD in Zukunft verpflichtend sein oder ob es freiwillig bleiben wird. Nach Meinung von Clemens Wolf habe die Europäische Kommission SSbD als freiwillige Initiative ins Leben gerufen und aus seiner Sicht wird es auch eine freiwillige Initiative bleiben. Es werden vermutlich aber in Zukunft mehr Produkte auf den Markt kommen, die den SSbD-Kriterien entsprechen.

Fachvortrag 3: Transformer- CoCreationspace für Klima und Energie der TU Wien

Bianca Köck (TU Wien)

Der TU Transformer entwickelt gemeinsam mit Kindern, Jugendlichen, Forschenden und Organisationen einen innovativen Bildungs- und Experimentierraum für nachhaltige Entwicklungen, um sich praxisnah mit den Herausforderungen des Klimawandels, der Energieeffizienz und der Kreislaufwirtschaft auseinanderzusetzen. Mit der Unterstützung von sechs Fakultäten der TU Wien und einer Förderung durch den Klima- und Energiefonds wird der Transformer als Co-Creation Space betrieben, der auf transdisziplinäre Zusammenarbeit setzt, um nachhaltige Lösungen zu erarbeiten.

Das Projekt umfasst drei zentrale Lern- und Gestaltungsräume:

• Materialmine: Eine Werkstatt zur Demontage und Analyse von Geräten und Materialien, die das Verständnis von Ressourcenströmen und Abfällen fördert.

• Kreationsküche: Ein Raum zur kreativen Wiederverwendung von Materialien, der Reststoffe und biogene Materialien einbindet, um neue Produkte zu schaffen.

• Zukunftsportal: Ein digitaler Bereich, in dem die Bauaufgaben der Zukunft mit smarten und energieeffizienten Systemen weiterentwickelt werden.

Diese offenen Werkstätten und wöchentlichen Programmpunkte bieten vor allem Kindern und Jugendlichen einen einzigartigen Zugang zu technischen und wissenschaftlichen Themen und ermöglichen es ihnen, durch praktische Erfahrungen Fähigkeiten und Bewusstsein für eine nachhaltige Zukunft zu entwickeln. Das Transformer-Projekt verdeutlicht damit, wie gesellschaftlich getragene Innovation und Bildung im Bereich Green Chemistry verankert werden können.

In der folgenden Diskussion wurde nachgefragt, wie Jugendliche - als die entscheidenden Stakeholder - erreicht und für diese Projekte gewonnen werde können. Dazu bietet der TU Transformer Schulworkshops an, nimmt aber auch an Ausschreibungen, wie zum Beispiel von WIENXTRA teil. Lehrkräfte sind wichtige Multiplikatoren von Information, weshalb Bildungsmaterialien für Lehrkräfte vorbereitet werden.

Der Nachmittag der Veranstaltung Grüne Chemie – Zukunft:Chemie war dem Thema Defossilisierung der chemischen Industrie gewidmet. Den Auftakt bildete der Vortrag von Wolfgang Schöfberger.

Fachvortrag 4: Umwandlung von CO2 in Energieträger und Ressourcen

Wolfgang Schöfberger (Johannes Kepler Universität, Linz)

Die elektrochemische Umwandlung von CO₂ in Energieträger wie Methanol oder Ethanol gilt als eine der vielversprechendsten technischen Möglichkeiten zur Bekämpfung des Klimawandels. Hintergrund dieser Forschung ist die dringende Notwendigkeit, die globalen CO₂-Emissionen zu reduzieren, um das Klimaziel des Europäischen Parlaments zu erreichen, die Erderwärmung auf maximal 2 °C bis zum Jahr 2100 zu begrenzen. Eine reine Emissionsreduktion wird wahrscheinlich nicht ausreichen, weshalb zusätzliche Ansätze, wie die Speicherung und Verwertung von CO₂ erforderlich sein werden.

Die elektrochemische CO₂-Reduktion könnte hierbei eine wichtige Rolle spielen. Diese Technologie ermöglicht es, CO₂ zu notwendigen Produkten wie Methanol oder Ethanol umzuwandeln, was nicht nur die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre reduzieren, sondern auch zur Speicherung von überschüssiger Energie aus erneuerbaren Quellen wie Wind oder Solarenergie beitragen würde. Beispielsweise könnte überschüssige Energie aus Solar- oder Windkraft durch elektrochemische Reduktion in Brennstoffe umgewandelt werden, die bei Bedarf wieder als Energieträger genutzt werden können. Unter idealen Bedingungen könnte aus der Umwandlung von 1 Tonne CO₂ fast 1400 kWh Energie gespeichert werden.

Trotz dieses Potenzials gibt es noch große Herausforderungen bei der elektro-chemischen CO₂-Reduktion. Ein Problem ist die geringe Löslichkeit von CO₂ in Wasser und somit niedrige Reaktionsraten. Zudem verläuft die Reduktion in mehreren Schritten, wodurch die Kontrolle der Produktbildung erschwert wird. Parallel zur Reduktion von CO₂ tritt auch Wasserstoffentwicklung auf, wodurch die Effizienz der Reaktion verringert wird. 

Es wurden neuartige Katalysatoren entwickelt, die CO₂ selektiv in Syngas (CO und H2), Methanol, Ethanol oder Essigsäure umwandeln können. Ein Beispiel für solche Katalysatoren sind Kobalt-Corrole, mit Hilfe derer CO2 etwa zu Alkoholen reduziert werden kann. Diese Katalysatoren werden auf Kohlenstoffelektroden aufgebracht und bieten eine effiziente Möglichkeit CO₂ reagieren zu lassen. Tests zeigen, dass die Katalysatoren stabil bleiben und sich für industrielle Anwendungen wie die CO₂-Rückgewinnung aus Abgasen eignen.
Die Forschungsarbeiten dazu werden im Projekt ZEUS, in Kooperation mit den Unternehmen VoestAlpine, GIG Karasek, Rohrdorfer und mit Unterstützung von FWF, FFG und dem Klima- und Energiefonds des BMK durchgeführt.

In Bezug auf Katalysatorgifte wurde erläutert, dass Tests mit Rauchgas, SO2 und NOx durchgeführt wurden, welche die Katalysatoraktivität nicht beeinflusst haben. Das Vorhandensein von Sauerstoff wird als kritischer angesehen, um eine zielgerichtete und möglichst vollständige Reduktion von CO2 durchführen zu können. In der Diskussion wurde die Frage nach den verwendeten Membranen gestellt: Derzeit werden Fluor-haltige Membranen verwendet. Man ist sich des Problems aber bewusst und Fluor-freie Alternativen werden gesucht.

Zur Einleitung der Podiumsdiskussion wurden von Ronja Hermanns (Carbon Minds), Andreas Windsperger (Institut für industrielle Ökologie, IIÖ) und Christopher vom Berg (nova-Institut) Kurzvorträge zur Defossilisierung der Chemischen Industrie (in Österreich) gehalten:

Kurzvorträge und Podiumsdiskussion zum Thema Defossilisierung der chemischen Industrie

Die drei Studien unterscheiden sich sowohl in der Definition der systemischen Grenzen als auch den Annahmen, die den Studien zugrunde liegen und zeigen daher auch unterschiedliche Ergebnisse.

Alle drei Studien haben sich mit dem Thema „Defossilisierung der Chemieindustrie“ befasst, haben aber unterschiedliche Daten als Grundlage herangezogen:
Während den Studien von IIÖ und Carbon Minds ausschließlich österreichische Daten zu Grunde liegen, hatte das nova-Institut die EU im Fokus. CarbonMinds hat den Kohlenstofffußabdruck des Kohlenstoffs, der als Rohstoff zu Plattformchemikalien verarbeitet wird, miteinbezogen, während der dazu nötige Energiebedarf nicht miteinberechnet wurde. Die Studie von IIÖ hatte auch den notwendigen Energiebedarf bei der Produktion berücksichtigt.

Ziel der Diskussion war es Unsicherheiten und Unschärfen zu identifizieren und zu diskutieren, und zu klären wie man korrekte Daten(grundlagen) erhält, um eine Strategie für die Transformation der chemischen Industrie in Österreich zur Defossilisierung entwerfen zu können.

Eine ausführlichere Zusammenfassung der drei Kurzvorträge ist auf Anfrage erhältlich.

Feedback (Beekast)

Die erste Frage bezog sich auf die neue Darstellung der Grünen Chemie. Diese Darstellung war zu Beginn der Veranstaltung in den Blitznews vorgestellt worden, außerdem war sie an mehreren Stellen beim Veranstaltungsort gut sichtbar angebracht. Das Feedback war insgesamt sehr positiv.

In der zweiten Frage konnten die unterschiedlichen Agendapunkte der Veranstaltung nach deren Relevanz für die Teilnehmenden gereiht werden. Hier das Gesamtergebnis von höchster zu niedrigster Relevanz: 

  • Defossilisierung der Chemischen Industrie
  • Umwandlung von CO2 in Energieträger und Ressourcen
  • SSbD Beispiele
  • Pitchvorträge
  • Transformer-Projekt

Über eine Wordcloud wurden von den Teilnehmenden die Themen abgefragt, die bei dieser Veranstaltung gefehlt haben:

Feedback in Form einer Wordcloud zu Themen, die bei der Veranstaltung gefehlt haben
Wordcloud

In einer abschließenden Wordcloud konnte jede:r Teilnehmer:in ihre/seine eigenen Take-Home-Message formulieren.